Gewerbefreiheit: Unternehmen Sie ruhig etwas!
Auf den folgenden Seiten finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um die Gründung eines Kleingewerbes. Sie erfahren …
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was ein Kleingewerbe von „richtigen“ Gewerbebetrieben, aber auch freiberuflichen oder selbstständigen Tätigkeiten unterscheidet,
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welche Rechtsformen und Geschäftsbezeichnungen möglich sind,
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welche Meldepflichten es gibt und wo Sie Ihren Gewerbeschein bekommen,
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welche Steuer- und Buchführungsvorschriften zu beachten sind und
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wie Rechnungen aussehen, an denen das Finanzamt nichts auszusetzen hat.
Zuvor jedoch ein paar Vorbemerkungen. Es gibt eine Menge Anlässe und gute Gründe für die Gründung eines Kleingewerbes – hier ein paar Beispiele:
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Zusatzeinkommen: Angestellte, Studierende, Ruheständler, nicht-berufstätige Mütter und Väter suchen einen flexiblen Nebenverdienst,
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Arbeitslosigkeit: Arbeitnehmer brauchen mangels passender Beschäftigungschancen eine selbstständige Alternative,
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Selbstbestimmung: Kreative und unternehmungslustige Menschen möchten ihr eigener Chef sein,
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Freizeit und Langeweile: Rentner und Pensionäre suchen eine befriedigende und einträgliche Betätigung,
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Testballon: Umtriebige Pioniere prüfen die Machbarkeit einer neuer Geschäftsidee,
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Zufall: Eine unverhofftes Angebot eröffnet eine attraktive Einkommensquelle.
So bunt und vielfältig die Beweggründe für Kleingründungen sein mögen, in einem sind sich angehende Selbstständige und Unternehmer einig: Deutschland macht es Gründungswilligen schwer, einen eigenen Betrieb zu gründen. Die gute Nachricht: Nach unseren Erfahrungen stimmt das gar nicht. In vielen Fällen sind die formalen Hürden vor der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit oder der Beginn eines Kleingewerbes viel niedriger als landläufig vermutet wird! Immerhin gilt in Deutschland die Berufs- und Gewerbefreiheit:
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„Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.“ (Art.12 Grundgesetz)
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Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind." (§ 1 Gewerbeordnung)
Sieht man vom tatsächlich überregulierten Handwerk und einigen anderen Branchen ab, stehen diese Freiheitsrechte auch nicht nur auf dem Papier: Finanz-, Gewerbe- und andere Ämter haben hierzulande zwar einen schlechten Ruf. Dass Beamte und andere Bürokraten jede unternehmerische Aktivität im Keim ersticken, trifft jedoch nicht zu. Wer die auf den nächsten Seiten zusammengestellten Informationen kennt und die überschaubaren Melde- und Steuerpflichten befolgt, kann und darf die meisten legalen Geschäfte weitgehend ungestört ausüben.
Was ist überhaupt ein „Kleingewerbe“
Was ist denn überhaupt ein Kleingewerbe? Was unterscheidet es von einem „richtigen“ oder „großen“ Gewerbebetrieb und von anderen Formen der Selbstständigkeit? Für Eilige und Neugierige hier die wichtigsten Punkte vorweg:
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Als Gewerbe gilt zunächst einmal jede eigenverantwortliche unternehmerische Tätigkeit. Dazu gehören insbesondere Industrie- und Handwerksbetriebe sowie Händler aller Art und die meisten Dienstleister.
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Ein Kleingewerbe ist vereinfacht gesagt ein gewerbliches Unternehmen, dessen Betreiber sich (zum Glück) nicht an die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches und andere kaufmännische Spezialvorschriften zu halten braucht.
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Keine Gewerbetreibenden sind Freiberufler (wie zum Beispiel Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte oder Journalisten) und ähnliche Selbstständige sowie Land- und Forstwirte. Für deren Betriebe gelten gesonderte Vorschriften.
Die Vorschriften für Kleingewerbetreibende finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch, in der Gewerbeordnung sowie den Steuer- und Sozialgesetzen. Eine unmissverständliche gesetzliche Definition des Gewerbe-Begriffs für alle Rechtsgebiete gibt es nicht. Als Gewerbe gilt grundsätzlich …
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jede legale unternehmerische Tätigkeit,
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die in eigener Verantwortung,
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nach außen erkennbar,
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auf eigene Rechnung,
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dauerhaft (= wiederholt und regelmäßig) und
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gegen Entgelt ausgeübt wird, um Gewinn zu erzielen.
Gewerbe-Abgrenzung zu Verbrauchern und Privatleuten
Dass Arbeitnehmer während ihrer Berufstätigkeit im Geschäftsleben nicht als Gewerbetreibende eingestuft werden, ist offensichtlich: Sie sind im Betrieb ihres Arbeitgebers beschäftigt und arbeiten nicht auf eigene Rechnung. Ebenfalls nicht als Gewerbetreibende gelten darüber hinaus zum Beispiel …
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Privatleute, die zwar gegen Entgelt, aber nur sporadisch Dienstleistungen erbringen oder Handel mit Gegenständen aus ihrem Privatbesitz treiben (z. B. private Ebay-Händler, in Form von Nachbarschaftshilfe oder als Feierabend-Webdesigner, der für die Gestaltung seiner Vereins-Homepage eine einmalige Aufwandsentschädigung erhält),
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Ehrenamtler und andere „Liebhaber“, die zwar auf eigene Rechnung, dauerhaft und gegen Entgelt, aber nicht mit „Gewinnerzielungsabsicht“ Leistungen erbringen (z. B. Übungsleiter in Vereinen oder Vermieter eines privaten Wohnmobils).
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ein privater Ebay-Verkäufer kann sich durchaus nach und nach zum Profiseller entwickeln. Und aus der privaten Wohnmobilvermietung kann durchaus ein lukratives Geschäft werden (oder auch ein attraktives Steuersparmodell). Nur: Für sich genommen gelten gelegentliche Geschäftsaktivitäten dieser Art noch nicht als gewerblich. Sie brauchen also keinen Gewerbeschein, nur weil Sie alle Jahre wieder einen Garagenflohmarkt veranstalten oder von Zeit zu Zeit ausrangierten Privatbesitz legal bei Ebay oder auf dem Flohmarkt verkaufen wollen.
Spätestens jedoch, wenn Sie …
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per Flyer oder am Schwarzen Brett Ihrer Gemeinde für Ihre preisgünstigen Dienste werben oder
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Haushaltsauflösungen, Flohmärkte und Ebay-Auktionen zwecks Wiederverkauf nach verwertbarer Handelsware durchforsten,
sollten Sie die Anmeldung eines Kleingewerbes in Betracht ziehen. Im Zweifel sprechen Sie am besten mit einem Steuerberater.
Kleingewerbe-Abgrenzung zu Gewerbebetrieben / HGB-Kaufleuten
Kommen wir zu den Gewerbetreibenden im engeren Sinn: Die allgemeinen Regeln des Geschäftslebens sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt. Die Spezialvorschriften für
Kaufleute finden sich im Handelsgesetzbuch (HGB). Zum Glück müssen kleine Gewerbebetriebe weder die eigentlichen HGB-Bestimmungen noch die meisten anderen kaufmännischen
Gepflogenheiten und branchentypischen Handelsbräuche beachten. Kleingewerbetreibende brauchen ihr Unternehmen auch nicht ins Handelsregister eintragen zu lassen (und sollten das auchkeinesfalls ohne Not tun!)
Verwirrende Handels- und Kaufmanns-Begriffe
Die historischen Gesetzesbezeichnungen sorgen bei Neulingen im Geschäftsleben häufig für Irritationen:
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Die komplizierten Vorschriften im Handelsgesetzbuch (HGB) gelten grundsätzlich für alle Branchen – also keineswegs nur für Händler!
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Als „Handelsgewerbe“ und „Kaufleute“ im Sinne des HGB treffen demnach auch (und gerade!) auf Industrieunternehmen sowie große Handwerks- oder Dienstleistungsbetriebe zu!
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Kapitalgesellschaften (wie Aktiengesellschaften oder GmbHs) sowie die meisten Personengesellschaften unterliegen allein aufgrund ihrer Rechtsform dem Handelsrecht – ganz
gleich, wie groß oder klein das Unternehmen tatsächlich ist. -
Wer sein Unternehmen freiwillig ins Handelsregister eintragen lässt, gilt auf jeden Fall als Kaufmann und führt ein Handelsgewerbe: Auch hier spielt die Größe des Unternehmens keineRolle. Das gilt auch für Einzelunternehmer, den „eingetragenen Kaufmann“ (e.K.)
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Umgekehrt: Nur weil Sie persönlich gelernte(r) oder studierte(r) Kauffrau / Kaufmann sind, unterliegen Sie mit Ihrem Kleingewerbe nicht automatisch den kaufmännischen HGB-Vorschriften!
Von einem Kleingewerbe ist laut Handelsgesetzbuch die Rede, wenn „das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert” (§ 1 Abs. 2 HGB).
Eindeutige Kriterien für diese ziemlich nebulöse Umschreibung bleibt das Gesetz zwar schuldig. Doch solange Sie Ihre Geschäfte als Einzelunternehmer betreiben, können Sie davon ausgehen, dass Sie noch keinen „in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“ führen. Selbst wenn Sie sich mit anderen „natürlichen Personen“ zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammenschließen, fällt das gemeinsame Unternehmen noch längst nicht unter das Handelsrecht. Weder Einzelunternehmen noch BGB-Gesellschaften müssen von Hause aus ins Handelsregister eingetragen werden. Sie können sich damit im Zweifel sogar Zeit lassen, bis Sie von Amts wegen dazu aufgefordert werden.
Vorteile des Kleingewerbe-Daseins
Dass Sie keine richtige „Firma“ sind, ist kein Nachteil: Vor allem müssen Sie „keine Bücher führen“. Klingt unspektakulär – hat aber unschätzbare Vorteile:
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Sie sparen sich die doppelte kaufmännische Buchführung,
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müssen keine Bilanz erstellen,
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brauchen keine Inventur zu machen,
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keine komplizierten Jahresabgrenzungen von Forderungen und Verbindlichkeiten vorzunehmen und schon gar nicht
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ihren Jahresabschluss zu veröffentlichen.
Umsatzsteuerpflichtig sind Kleingewerbetreibende hingegen grundsätzlich schon – auch wenn das häufig anders dargestellt wird. Das liegt an der weitverbreiteten Verwechslung von Kleingewerbe und (umsatzsteuerlichen) Kleinunternehmern.
Kleingewerbe und / oder Kleinunternehmer?
Die Begriffe „Kleingewerbe“ und „Kleinunternehmer“ werden oft gleichgesetzt oder verwechselt. Sie bezeichnen jedoch ganz unterschiedliche Sachverhalte:
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Aufgrund ihres eingeschränkten Geschäftsumfanges sind Kleingewerbetreibende keine Kaufleute im Sinne des HGB. Kleingewerbetreibende werden normalerweise nicht ins Handelsregister eingetragen, sind nicht zur doppelten kaufmännischen Buchführung verpflichtet und brauchen keine Bilanzen zu erstellen. Kleingewerbetreibende unterliegen nicht den HGB-Vorschriften: Für sie gelten die allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie die Steuervorschriften.
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Kleinunternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes können dagegen sowohl Gewerbetreibende als auch Selbstständige und Freiberufler sowie Land- und Forstwirte sein.
Voraussetzung ist, dass ihr Vorjahresumsatz nicht über 22.000 Euro gelegen hat und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro betragen wird.
Mit anderen Worten: Alle (umsatzsteuerlichen) Kleinunternehmer, die ein Gewerbe betreiben, sind Kleingewerbetreibende. Umgekehrt sind aber keineswegs alle Kleingewerbetreibenden gleichzeitig auch Kleinunternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.
Lektüretipp: Ausführliche Informationen zu den Besonderheiten des (umsatzsteuerlichen) Kleinunternehmer-Status bietet der Leitfaden kleinunternehmer.de.
Kleingewerbe-Abgrenzung zu Freiberuflern und ähnlichen Selbstständigen
Zurück zu den Kleingewerbetreibenden: Legt man die Gewerbeordnung (GewO) zugrunde, gelten zunächst einmal alle gewerblichen und selbstständigen Tätigkeiten als Gewerbe. § 6 GewO nimmt dann aber eine ganze Reihe von Freiberuflern und Selbstständigen aus dem „Anwendungsbereich“ der Gewerbeordnung aus. Demnach sind zum Beispiel Apotheker, Rechtsanwälte und Notare und Steuerberater ausdrücklich keine Gewerbetreibende.
Als nicht-gewerblich gelten darüber hinaus die klassischen freiberuflichen und vergleichbaren selbstständigen Tätigkeiten, die in § 18 EStG aufgezählt werden. Dazu gehören die …
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„selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit,
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die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker,
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.“
Vorteil der sogenannten Katalogberufe: Anders als Gewerbetreibende zahlen Freiberufler und vergleichbare Selbstständige auf keinen Fall Gewerbesteuer – ganz gleich, wie groß und erfolgreich sie sind. Außerdem sind sie unabhängig von der Höhe ihrer Gewinne und Umsätze von der kaufmännischen Buchführungspflicht und allen anderen handelsrechtlichen Vorschriften befreit.
Weiterer Vorteil: Bei nicht-gewerblichen Selbstständigen entfällt die Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer. Zwar sind auch die klassischen Freiberufler Zwangsmitglieder in speziellen Kammern (z. B. Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und Architekten). Manche Freiberufler (z. B. Schriftsteller, Journalisten, Fotoreporter, Übersetzer und Lotsen) und viele der „ähnlichen Berufe“ sind jedoch kammerfrei.
Gerade mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der „ähnlichen Berufe“ tun sich viele Gewerbe- und Finanzämter jedoch schwer. Dass es sich um Dienstleistungen höherer Art handelt, für die besondere Fachkenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, gilt zwar als unstrittig. Ein abgeschossenes Hochschulstudium ist aber nicht Voraussetzung. Das machen die Beispiele Krankengymnasten und Lotsen deutlich, die ja ausdrücklich zu den Katalogberufen gezählt werden. So sind beispielsweise Programmierer und Webdesigner vielerorts als Selbstständige anerkannt – selbst dann, wenn sie sich ihre Fähigkeiten autodidaktisch angeeignet haben.
Im Zweifel werden strittige selbstständige Berufstätigkeiten von den kommunalen Behörden trotzdem als gewerblich eingestuft. Gar nicht unbedingt, weil Kleingewerbebetriebe unterm Strich wesentlich mehr Steuern zahlen als Freiberufler (mehr dazu weiter unten im Gewerbesteuer-Abschnitt). Vielmehr, weil die Städte und Gemeinden vor Ort von den Gewerbesteuer-Einnahmen profitieren.
Praxistipp: Wenn eine geplante selbstständige Tätigkeit im Graubereich zwischen Kleingewerbe und selbstständiger Tätigkeit angesiedelt ist, wenden Sie sich am besten von vornherein an einen Steuerberater oder lassen sich von Ihrem Berufs- oder Branchenverband unterstützen.
Sofern Sie Leistungen erbringen, die einigermaßen plausibel als "selbstständige Tätigkeit" i. S. d. § 18 EStG eingestuft werden können (z. B. Programmierer, Webdesigner u.ä.) und Ihr voraussichtlicher Jahresgewinn unter dem Gewerbesteuer-Freibetrag von 24.500 Euro liegt, nehmen es viele Finanzämter mit der Unterscheidung zwischen Gewerbe und selbstständiger Tätigkeit nicht allzu genau. Falls sich die Geschäfte gut entwickeln und das Finanzamt die Einkunftsart Jahre später nach Überschreiten der 24.500-Euro-Gewerbeertragsgrenze erfolgreich in Zweifel zieht, müssen Sie die Nachteile des Gewerbestatus (z. B. Anzeige- und Kammerpflicht) erst mit einiger zeitlicher Verzögerung tragen.
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